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Sprachfamilien dieser Welt
Was ist eigentlich eine Sprachfamilie?
Beginnen wir zunächst einmal mit der Definition des Begriffs „Sprachfamilie“. Eine Sprachfamilie ist die allgemeine Bezeichnung für eine Gruppe von Sprachen, die vermutlich genetisch miteinander verwandt sind und somit alle von einer Vorgängersprache, einer (nicht mehr existierenden) Ursprache, abstammen.
Der Begriff „Sprachfamilie“ soll die verwandtschaftlichen Beziehungen veranschaulichen; manchmal wird an seiner Stelle auch der Ausdruck „Sprachstammbaum“ verwendet. Die Bezeichnung „Sprachfamilie“ wird aber in manchen Fällen – je nach Klassifikationssystem – auch nur bei näherer Verwandtschaft verschiedener Sprachen verwendet, bei entfernterer Verwandtschaft bzw. unklaren Beziehungen hingegen spricht man dann von einem sogenannten „Sprachphylum“ (bzw. „Sprachstamm“).
Größere Sprachfamilien bestehen meist aus verschiedenen Zweigen, welche wiederum unterschiedliche Sprachen bzw. Sprach-Unterfamilien umfassen. Bis auf wenige Ausnahmen (vor allem in der pazifischen Inselwelt) ist es gesichert, dass fast sämtliche Sprachen der Welt einer bestimmten Sprachfamilie bzw. -gruppe angehören.
Wie viele „Familienmitglieder“ hat eine Sprachfamilie?
Leider ist es nach über zweihundert Jahren Sprachforschung auch heute noch nicht möglich, eindeutig zu bestimmen, wie viele Sprachen zu einer Sprachfamilie gehören.
Hierfür gibt es mehrere Gründe:
- Oftmals erweist sich die Unterscheidung von Dialekt und Sprache als schwierig bzw. wird von Forschern unterschiedlich beurteilt. Manche Sprachforscher werten zum Beispiel die 39 existierenden Quechua-Sprachen als eine einzige Sprache mit 39 Dialekten.
- Teilweise überlagern politische Faktoren bei der Einteilung einzelner Sprachen auch die linguistische Kriterien.
So werden beispielsweise das Kroatische, das Serbische und das Montenegrinische als eigenständige Nationalsprachen gewertet, obwohl sie in linguistischer Hinsicht eine Sprache, nämlich das Serbokroatische, darstellen könnten.
- Zudem ist auch die genaue Zahl der weltweit existierenden Sprachen nicht einmal annähernd bekannt:
Die einen Forscher schätzen, dass es zwischen 4.000 und 5.000 Sprachen gibt, andere Annahmen schwanken zwischen 3.000 und 10.000 weltweit gesprochenen Sprachen.
- Erschwert wird eine genaue Aussage zudem dadurch, dass viele existierende Sprachen noch nicht erfasst bzw. teilweise noch unentdeckt sind; oder dass unklar ist, ob eine Sprache als lebendig (d.h. dass sie als Muttersprache gesprochen wird) klassifiziert wird oder ob sie nur noch als Zweitsprache gesprochen wird.
- Schwierig ist auch, dass Sprachen rasend schnell aussterben können. So gab es zum Beispiel in Brasilien im 19. Jahrhundert vermutlich über 1.000 Indianersprachen, von denen heute jedoch nur noch weniger als 200 existieren.
Bedingt durch diese vielen Unsicherheitsfaktoren herrscht also in der Forschung Unklarheit bezüglich der Anzahl der, zu einer Sprachfamilie gehörigen Sprachen.
Sprachfamilien in und um Europa
Die indogermanische Sprachfamilie
Die meisten Sprachen, die in Europa gesprochen werden, gehören zur Familie der indoeuropäischen Sprachen. Diese wiederum ist gegliedert in die baltischen und slawischen (Balto-Slawisch), die keltischen, italischen, anatolischen und germanischen Sprachen.
Außerdem gehören Griechisch, Albanisch, Armenisch, und Tocharisch zur indogermanischen Familie, obwohl sie nicht Teil eines der eben aufgezählten Unterzweige sind. Des Weiteren sind – wie der Name der Familie bereits andeutet – die Indischen (bzw. indoarische) und die iranischen (Indo-Iranisch) Sprachen Mitglieder der indoeuropäischen Sprachfamilie.
Die romanischen Sprachen
Die Sprachfamilie der romanischen Sprachen gehört zum italischen Zweig der indogermanischen Sprachen. Im Gegensatz zu anderen Sprachgruppen ist die Ursprungssprache, das Vulgärlatein gut bezeugt.
Vulgärlatein meint das gesprochene Latein des Volkes und unterscheidet sich ganz deutlich vom literarischen Hochlatein, der „Sprache Ciceros“. Auch ist es nicht mit vulgärem Latein gleichzusetzen, das auf den Straßen Roms mit Sicherheit auch zu hören war.
Vor 2.500 Jahren war Latein der Dialekt eines kleinen Stadtstaates in Mittelitalien. Durch Eroberungen wurde das Vulgärlatein zuerst in Italien und dann in ganz Europa verbreitet, wo es sich weiterentwickelt hat und schließlich die vielen romanischen Sprachen und Dialekte zum Vorschein gebracht hat.
Klassische Einteilung der romanischen Sprachen
Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten die romanischen Sprachen einzuteilen. Eine klassische Einteilung zählt elf verschiedene Sprachen lateinischen Ursprungs. Diese Sprachen werden aufgrund morphologischer Unterschiede in zwei großen Kategorien, die westromanischen und die ostromanischen Sprachen unterteilt.
- Die westromanischen Sprachen werden im Gebiet der sogenannten Westromania gesprochen. Hierzu zählen alle europäischen Länder, die westlich von Deutschland liegen.
Zu diesem Sprachraum gehören: Französisch, Okzitanisch, Gaskonisch (galloromanische Sprachen), Spanisch, Katalanisch, Portugiesisch, Galizisch (iberoromanischen Sprachen), sowie Bündnerromanisch, Ladinisch, Friaulisch (alpenromanische Sprachen).
- Zur ostromanischen Sprachgruppe gehören Rumänisch, Korsisch, Dalmatisch (ausgestorben) und obwohl die Grenze zwischen Ost- und Westromania mitten durch Italien verläuft, ebenfalls Italienisch.
- Als eine alleinstehende Sprache, kann das in Sardinien gesprochene Sardisch betrachtet werden. Es hat viele grammatische und phonetische Elemente des Lateinischen bewahrt. Jedoch lässt es sich weder den ost- noch den westromanischen Sprachen zuordnen.
Weitere romanische Sprachen
Die Liste der romanischen Sprachen lässt sich um ein vielfaches erweitern, berücksichtigt man weitere Sprachen, die auf Grundlage dieser Sprachfamilie entstanden sind. Dazu gehören einige Kreol- und Pidgin-Sprachen, sowie mehrere Plansprachen.
- Plansprachen sind einzelne reformierte, romanische Sprachen oder eine Mischung aus mehreren Sprachen, deren Entwicklung bewusst und planmäßig ausgearbeitet wurde. Zu den bekanntesten zählen Esperanto und Interlingua. Mehr als Dreiviertel des Wortschatzes dieser Sprachen sind lateinischen Ursprungs.
- Kreol- und Pidginsprachen sind Sprachen, die in einer Sprachkontaktsituation entstanden sind, also in einer Situation in der zwei oder mehrere Sprachen miteinander in Verbindung getreten sind. Die meisten dieser Mischsprachen entstanden während der europäischen Kolonisation.
Beispiele dafür sind die Lingua Franca (französisch-basierter Wortschatz), Kapverdisches Kreol (portugiesisch-basierter Wortschatz) oder Palenquero (spanisch-basierter Wortschatz)
Ein Sprachvergleich
Innerhalb der romanischen Sprachen gibt es eine Vielzahl von grammatischen Ähnlichkeiten, sowie Ähnlichkeiten im Wortschatz. Die folgende Aufzählung zeigt einige Beispielsätze, die Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede zeigen.
- Deutsch: Sie schließt immer das Fenster, bevor sie zu Abend isst.
- Klassisches Latein: Semper fenestra clausa femina cenat.
- Vulgärlatein: Ea semper fenestram claudit antequam cenet.
- Spanisch: Ella siempre cierra la ventana antes de cenar (comer).
- Französisch: Elle ferme toujours la fenêtre avant de dîner (souper).
- Rumänisch: Ea închide totdeauna fereastra înainte de cină.
- Portugiesisch: Ela fecha sempre a janela antes de jantar.
- Italienisch: (Lei) chiude sempre la finestra prima di cenare.
- Sardisch: Issa semper serrat su balcone antes de chena.
- Okzitanisch: Barra totjorn la fenèstra abans de sopar.
- Katalanisch: Ella tanca sempre la finestra abans de sopar.
- Galizisch: Ela pecha sempre a fiestra (xanela) antes de cear.
Die uralischen Sprachen
Eine weitere Sprachfamilie in Europa ist die Uralische. Obwohl nur 25 Millionen Menschen eine der 20 Sprachen dieser Familie sprechen, erstreckt sich ihr Sprachgebiet von Nordschweden bis Sibirien.
Die Familie teilt sich in zwei sehr unterschiedlich große Zweige, den samojedischen und den finnisch-ugrischen Zweig. Ersterer besteht aus vier Sprachen und insgesamt nur 10.000 Sprechern, die im Gebiet zwischen Nowaja-Semlja und Jenissey größtenteils nomadisch leben.
Letzterer beinhaltet zwei wichtige europäische Sprachen, die nicht zur indoeuropäischen Familie gehören, nämlich Finnisch und Ungarisch, außerdem die Sprache der Lappen, die als verstreute Nomaden in nördlichen Gebieten Finnlands, Schwedens, Norwegens und Russlands leben und weitere, im Gebiet der Wolga angesiedelte Sprachen.
Die Hauptsprachen der uralischen Familie sind Ungarisch (Magyar), Finnisch (Suomi), Estnisch, Mordwinisch (gesprochen im Ostteil des europäischen Russlands und in der Titularnation Mordwinien), Mari (oder Tscheremissisch, gesprochen in der autonomen Republik Mari El im östlichen Teil des europäischen Russlands), Udmurtisch (gesprochen in der Republik Udmurtien, Teil des russischen Föderationskreises Wolga) und Komi (gesprochen in der russischen Teilrepublik Komi).
Die hypothetische Ursprache wird als „Proto-Uralisch“ bezeichnet und war vermutlich vor 8000 Jahren im mittleren Ural verbreitet. Die Einzelsprachen haben sich heute weit voneinander weg entwickelt, sowohl innerhalb der gesamten Familie als auch innerhalb des finno-ugrischen Zweiges.
So tut sich ein Finne vermutlich beim Ungarisch-Lernen trotz Sprachverwandtschaft auch nicht leichter als ein der indogermanischen Sprachfamilie angehörender Schwede.
Die Gemeinsamkeiten, welche die Familie als solche ausmachen, sind hier mehr in Lautbild (Phonologie) und Sprachbau (Grammatik, Syntax, Morphologie) als im Wortschatz zu finden.
Die afroasiatischen Sprachen
Diese – früher „hamito-semitisch“ genannte Familie – umfasst etwa 350 Sprachen und rund 350 Millionen Sprecher. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich in Ost-West-Richtung vom Atlantik bis zum Persischen Golf und in Nord-Süd-Richtung vom Mittelmeer bis nach Äthiopien und Somalia, also vom Norden Afrikas bis nach Westasien.
Zu ihr gehören jahrtausende alte Sprachen wie z.B. Altägyptisch und dessen moderne Fortsetzung, Koptisch, außerdem Babylonisch-Assyrisch, die Sprache der meisten Bücher des Alten Testaments und lange Zeit als älteste Sprache überhaupt angesehen und Aramäisch, die heute noch vereinzelt im Iran und Irak gesprochene Sprache Jesu‘ Christi. Etwa 40 der bekannten Sprachen aus der afroasiatische Sprachfamilie sind heute jedoch bereits ausgestorben.
Die Familie wird heutzutage in sechs Zweige aufgeteilt, den ägyptischen, den kuschitischen, den tschadischen, den omotischen, den berberischen und den semitischen Zweig, welcher die meisten Sprecher hat.
Als einzige Sprache Europas gehört Maltesisch zu den afroasiatischen Sprachen, genauer gesagt zu den semitischen Sprachen.
Die wichtigsten und bekanntesten semitischen Sprachen sind Arabisch und Hebräisch.
Die altaischen Sprachen
Altaisprachen oder kurz auch Altaisch ist eine in Eurasien weit verbreitete Sprachfamilie, die aus etwa 60 Sprachen mit rund 160 Millionen Sprechern besteht. Ihre Benennung geht auf das zentralasiatische Altai-Gebirge zurück; zu ihr gehören die türkischen, tungusischen und mongolischen Sprachen.
Der gemeinsame Ursprung dieser drei Zweige ist allerdings lediglich nur ein vermuteter, bewiesen ist er nicht. Früher wurde diese Familie häufig mit der uralischen zur Familie der „uralisch-altaischen“ Sprachen zusammengefasst.
Die Turksprachen erstrecken sich über ein großes Gebiet vom Rande Europas bis weit nach Sibirien und Persien hinein; es gibt verwirrend viele und sehr eng miteinander verwandte Einzelsprachen. Die den meisten Europäern wohl Bekannteste ist das moderne Türkisch. Zu den wichtigsten, offiziellen Turksprachen gehören Aserbaidschanisch, Kasachisch, Kirgisisch, Usbekisch und Turkmenisch.
Mongolisch als Staatssprache der Mongolischen Republik ist die größte der mongolischen Sprachen, mit ihr verwandt sind die Sprachen Burjatisch, Tuwinisch und Kalmückisch, die alle auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gesprochen werden. Weitere Sprachen dieses Zweiges finden sich in China, Afghanistan, Tibet und in der Mandschurei.
Die kaukasischen Sprachen
Bereits vor der Einwanderung indogermanischer, semitischer und turkischer (oder türkischer) Bevölkerungsgruppen, sprach man im Gebiet des Kaukasus von kaukasischen Sprachen. Von diesen gibt es rund 40 unterschiedliche, die von etwa 9 Millionen Sprechern gesprochen werden.
Die kaukasischen Sprachen geben Forschern und Linguisten zahlreiche Rätsel auf. Ihre verwirrende Vielfältigkeit lässt die Bezeichnung als Familie nur unter Vorbehalt zu. Grob gesagt kann man alle Sprachen beiderseits des Kaukasus als solche bezeichnen. Wenn man es jedoch genauer nimmt, so gilt dieser Name nur für diejenigen Sprachen, die im beschriebenen Gebiet nicht indogermanisch sind, was etwa 30 bis 40 Sprachen ergibt, die von rund 10 Millionen Menschen gesprochen werden.
Wie bei den altaischen Sprachen ist hier unsicher, ob diese Sprachen wirklich alle miteinander genetisch verwandt sind, vor allem auch deshalb, weil schriftliche Zeugnisse fast komplett fehlen.
Man unterscheidet die kaukasischen Sprachen in drei Gruppen:
- Nordwestkaukasisch oder Abchaso-Adygeisch ist am Schwarzen Meer gelegen; zu ihm gehören die Sprachen Abchasisch, Karatschaisch und Kabardinisch.
- Zum nordöstlichen, am Kaspischen Meer gelegenen nordostkaukasischen oder nach-dagestanischen Zweig gehören Tschetschenisch, Inguschisch und die in Dagestan gesprochenen Sprachen.
- Der dritte kaukasische Zweig, Südkaukasisch oder Kartwelisch, erstreckt sich südlich des kaukasischen Hauptgebirgszugs. Zu ihm gehört Georgisch, die wohl bekannteste kaukasische Sprache.
Sprachfamilien in Asien: Sino-tibetische und drawidische Sprachen
Die sino-tibetischen Sprachen
Wie der Name dieser Sprachfamilie bereits andeutet, gehört auf alle Fälle einmal Chinesisch zu den sino-tibetischen Sprachen, was im Adjektiv „sino-“ schon angedeutet wird. Weitere Mitglieder dieser Familie, die über eine Millionen Sprecher hat, sind unter anderem Tibetanisch, Birmanisch und Thai.
Es gibt selbstverständlich noch viele kleinere sino-tibetische Einzelsprachen, welche nur von wenigen Hunderttausend gesprochen werden, aber sie alle aufzuzählen würde an dieser Stelle zu weit führen. Deshalb gehen wir hier nur auf die drei Sprachen mit den größten Anzahlen von Sprechern ein.
Tibetanische Sprachen, derer es 50 gibt, werden im Himalaja, in Tibet, Nepal und Sikkim und in einigen angrenzenden Gebieten Indiens (Kaschmir) und Chinas (u.a. Kansu) von ungefähr 5,6 Millionen Menschen gesprochen.
Die tibetanischen Sprachen haben ein eigenes Alphabet, das auf nordindischen Schriften basiert und besitzen überdies seit dem Mittelalter eine reiche Literatur. Birmanisch, manchmal auch Burmesisch genannt, wird in Myanmar (ehemals Birma oder Burma) von ungefähr 30 Millionen Menschen gesprochen.
Die Zugehörigkeit der letzten Gruppe, der Thai- oder Tai-Kadai-Sprachen, zur sino-tibetischen Sprachfamilie ist nicht wirklich gesichert, eine Verwandtschaft kann nicht hundertprozentig nachgewiesen werden. Es wurde auch die Hypothese aufgestellt, dass die Thai-Sprachen mit den austronesischen Sprachen, zu denen Sie weiter unten in diesem Artikel noch mehr erfahren werden, verwandt seien.
Zusammen sollen sie dann die sogenannte Austro-Thai-Sprachfamilie bilden; eine weitere Annahme ist, die Thai-Gruppe sei eine eigenständige genetische Einheit. All dies kann jedoch nicht nachgewiesen werden. Wie ihr Name bereits andeutet, spricht man Thai-Sprachen in Thailand, in Teilen Birmas, Annams und Nordvietnams und in Laos.
Die drawidischen Sprachen
Die drawidischen Sprachen besitzen ein überaus großes Verbreitungsgebiet: Dieses erstreckt sich über die südlichen, zentralen und östlichen Teile des indischen Subkontinents – außerdem auf Sri Lanka, Pakistan und Auswanderungsgebiete dieser Regionen.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass um die 200 Millionen Menschen eine drawidische Sprache sprechen, verteilt auf 27 Einzelsprachen. Einige dieser Sprachen weisen zwischen 20 und 50 Millionen Sprecher auf, darunter sind wichtige Kultur- und Literatursprachen. Insgesamt spricht rund ein Viertel aller Inder eine drawidische Sprache.
Alle drawidischen Sprachen gehen wohl auf eine gemeinsame Ursprache, das Proto-Drawidisch, zurück; woher die Sprecher dieser Ur-Sprache kamen, ist ungeklärt. Ihr Name ist abgeleitet vom Sanskrit-Wort dravida, welches wohl die Tamilen und deren Sprache bezeichnete.
Es gibt vier große drawidische Sprachen.
- Die meistgesprochene ist Telugu, Amtssprache des indischen Bundesstaates Andra Pradesh und Muttersprache von über 70 Millionen Menschen.
- Eine weitere ist Kannada, sie wird hauptsächlich im südindischen Bundesstaat Karnataka von etwa 40 Millionen Menschen gesprochen.
- Die dritte ist das im südindischen Bundesstaat Kerala von etwa 33 Millionen Menschen gesprochene Malajalam.
- Die letzte und wohl für uns geläufigste ist das Tamil. Es ist Amtssprache in Tamil Nadu und wird auch im Norden Sri Lankas von der tamilischen Minderheit gesprochen. Insgesamt geben etwa 70 Millionen Menschen Tamil als ihre Muttersprache an.
Die Sprachen Afrikas
Der Begriff „afrikanische Sprachen“ ist die Bezeichnung für all jene Sprachen, die auf dem afrikanischen Kontinent gesprochen werden. Er sagt jedoch nichts über deren sprachgenetische Verwandtschaft aus.
Die afrikanischen Sprachen werden eingeteilt in die Niger-Kongo-Sprachen, die nilosaharanischen Sprachen und die Khoisan-Sprachen. Auch die Familie der afroasiatischen Sprachen zählt man traditionell zu den „afrikanischen Sprachen“.
So gibt es insgesamt fast 2.000 unterschiedliche afrikanische Sprachen, die von über 750 Millionen Menschen gesprochen werden. Die Angaben hierzu variieren jedoch.
Malagasy, die Sprache Madagaskars, die austronesisch ist, wird normalerweise nicht zu den „afrikanischen Sprachen“ gerechnet. Auch alle Sprachen der ehemaligen Kolonien in Afrika (zum Beispiel Englisch, Afrikaans, Französisch oder Deutsch) zählt man nicht zur Familie der afrikanischen Sprachen.
Die Erforschung der afrikanischen Sprachen ist ein aufwendiges und forschungsintensives Großprojekt aufgrund der großen Anzahl an Sprachen und der vorwiegenden Schriftlosigkeit der Kulturen der Sprecher. Eine gewisse Grobeinteilung ist jedoch gängig, welche wir Ihnen im Folgenden auch präsentieren werden.
Der Norden Afrikas ist eingenommen durch die afroasiatische Sprachfamilie, die weiter oben bereits beschrieben wurde.
Die nilo-saharanischen Sprachen
Die nilo-saharanischen Sprachen sind vor allem im zentralen und östlichen Afrika zu Hause. Sie bilden jedoch kein geschlossenes Sprachgebiet, sondern bestehen aus mehreren Sprachinseln. Es gibt etwa 200 nilo-saharanische Sprachen und insgesamt fast 35 Millionen Sprecher. Ihre Verbreitung erstreckt sich über 17 nordafrikanische Staaten.
Nilosaharanisch wird größtenteils als gesicherte Einheit aufgefasst, deren Protosprache in Grundzügen rekonstruierbar ist. Der Kern des Nilosaharanischen – Ostsudanisch, Zentralsudanisch und einige kleinere Gruppen – ist als genetische Einheit ziemlich unumstritten; diese Meinung wird jedoch nicht von allen Afrikanisten geteilt, da sich die Sprachen drastisch voneinander unterscheiden. Der Großteil ihres bedeutendsten Zweiges befindet sich im heutigen Sudan.
Die Niger-Kongo-Sprachen
Die Niger-Kongo-Sprachen (früher auch niger-kordofanische Sprachen genannt) bilden eine Sprachfamilie von fast 1.400 Sprachen, wiederum gegliedert in mehrere tausend Dialekte, welche circa 400 Millionen Menschen im westlichen, zentralen, östlichen und südlichen Afrika gesprochen werden. Aufgrund der Vielzahl von Sprachen, der hohen Diversität der Familie beträgt die durchschnittliche Sprecherzahl einer einzelnen Sprache etwa 300.000 Sprecher.
Die Niger-Kongo-Familie ist somit die sprachenreichste Sprachfamilie der Welt und ist der Sprecherzahl gemäß die drittgrößte Sprachfamilie weltweit (nach dem Indogermanischen und dem Sinotibetischen). Fast die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung spricht eine Niger-Kongo-Sprache.
Die größte homogene Untergruppe des Niger-Kongo sind die Bantu-Sprachen, die im südlichen Teil des Sprachgebiets zwischen Ostnigeria und Südafrika gesprochen werden. 500 dieser Sprachen sind eng miteinander verwandt und haben zusammengenommen 210 Millionen Sprecher.
Es gibt aber auch ungefähr 20 Niger-Kongo-Sprachen, die von mindestens fünf Millionen Menschen gesprochen werden, die meisten hiervon sind Bantu-Sprachen. Davon sind viele so genannte Verkehrssprachen: Diese werden nicht nur als Muttersprache gesprochen, sondern auch als Zweit- oder Drittsprache, damit eine Kommunikation in größeren Gebieten trotz der Vielzahl kleiner Sprachgruppen möglich ist.
Ein Beispiel dafür ist das Suaheli in Ostafrika, das auch die niger-kongo-Sprache mit den meisten Sprechern (30 bis 40 Millionen) ist. Aufgrund ihrer Größe konnte für die Familie der Niger-Kongo-Sprachen bisher noch keine gemeinsame Protosprache rekonstruiert werden. Es stellt sich also immer noch die Frage, ob es sich hier tatsächlich um eine genetische Einheit handelt oder nur um eine Ansammlung typologisch ähnlicher Sprachgruppen bedingt durch regionale Kontakte und gegenseitige Beeinflussung.
Die Khoisan-Sprachen
Die vierte vermutliche Sprachfamilie der afrikanischen Sprachen ist die der relativ kleinen Khoisan-Sprachen, die aus den Sprachen der Buschmänner und der Hottentotten besteht.
Sie werden im Südwesten Afrikas von rund 150.000 Menschen gesprochen, charakteristisch sind für sie Schnalzlaute sowie eine große phonologische Komplexität, da es Sprachen mit über 50 Konsonanten gibt. Ihre genetische Einheit gilt inzwischen allerdings nicht mehr als gesichert, man geht stattdessen von mindestens drei genetisch unabhängigen Einheiten (Nordkhoisan, Zentralkhoisan, Südkhoisan) aus.
Die Khoisan-Gruppe bildet also vermutlich vielmehr einen territorialen Sprachbund typologisch miteinander verwandter Sprachen, der wahrscheinlich durch lange Kontaktphasen der einzelnen Sprachen untereinander entstanden ist. Diese Einschätzung der Khoisan-Gruppe als Sprachbund findet heute weite Zustimmung.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine Kategorisierung der afrikanischen Sprachen oftmals nicht ganz eindeutig vollzogen werden kann und in vielen Fällen nicht wirklich nachweisbar ist. Die Einteilung in Familien, Untergruppen und Einzelsprachen ist oftmals lediglich eine provisorische.
Austronesische und amerikanische Sprachen
Die austronesischen Sprachen des pazifischen Raumes
Die Sprachen der pazifischen Welt – von Madagaskar im Westen bis zur Osterinsel im Osten – gehören erstaunlicherweise bis auf die Ausnahmen, Australien und Teile Neuguineas, fast alle der austronesischen Sprachfamilie an. Wegen ihrer Ausdehnung und der Anzahl ihrer Sprecher wird sie auch austronesische „Makro-“ oder „Superfamilie“ genannt.
Diese Sprachfamilie umfasst über 1200 Sprachen, wobei die Schätzungen der Forscher hier sehr stark variieren. Etwa 300 Millionen Menschen sprechen eine der austronesischen Sprachen. Insgesamt gibt es 28 austronesische Sprachen, die von mehr als einer Million Sprecher gesprochen werden. Davon leben allein zehn Millionen auf den Philippinen, 17 Millionen in Malaysia und Indonesien und eine Million auf Madagaskar.
Die Verteilung der Sprecher in der austronesischen Familie ist allerdings äußerst ungleich, es herrscht ein starkes Gefälle von West nach Ost. Von Madagaskar bis zu einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Trennlinie im westlichen Neuguinea erstreckt sich der westaustronesische Teil der Sprachfamilie. Die Gebiete hier sind dicht besiedelt und es gibt somit viele Muttersprachler. In diesem Bereich sind die größten gesprochenen Sprachen Indonesisch, Malaysisch, Javanisch und Philippinisch.
Der ostaustronesische Teil der Familie ist geografisch gesehen viel größer. Er umfasst die ganze pazifische Inselwelt, also den nördlichen Teil Mikronesiens, Melanesien mit den Fidschi-Inseln, den Salomonen und Neuguinea und Polynesien bestehend aus Hawaii, Samoa, Neuseeland und der Osterinsel. Es gibt hier eine unglaubliche Fülle an Sprachen, die aber oftmals nur von wenigen Menschen gesprochen werden. Auch ist die Bevölkerungszahl insgesamt im ostaustronesischen Gebiet weitaus geringer.
Die indianischen Sprachen Amerikas
Die Sprachen des amerikanischen Doppelkontinents, die hier aufgeführt werden sollen, sind in den meisten Fällen nicht jene, die man heute dort spricht.
Wir betrachten vielmehr diejenigen Sprachen, die vor der europäischen Besiedlung seit Kolumbus 1492 dort existierten. Viele dieser Sprachen existieren heute nicht mehr oder sind von Aussterben bedroht. Leider ist nur ein kleiner Teil von ihnen am Leben geblieben.
Bis auf die Inuit-Sprachen im Norden, handelt es sich ausschließlich um indianische Sprachen. Die Indianer stammen ursprünglich von Einwanderern mongolischen Ursprungs ab, die vor 30.000 Jahren von Asien über Alaska nach Amerika kamen.
In Zentral- und Südamerika entstanden die bekannten Hochkulturen der Maya, Azteken und Inkas. Trotz des gemeinsamen Ursprungs der Stämme entwickelten sich ihre Sprachen weit auseinander, so dass die Rekonstruktion einer gemeinsamen, hypothetischen Ausgangssprache kaum möglich ist. Grund dafür ist, dass die Einwanderer über die Jahrtausende nach und nach kamen und sich auch geografisch teilweise sehr isoliert entwickelten.
Als die ersten Europäer Amerika entdeckten, sollen Schätzungen zufolge rund 15 bis 20 Millionen Menschen auf dem offensichtlich nur äußerst dünn besiedelten Doppelkontinent gelebt haben. Die Anzahl der gesprochenen Sprachen hingegen war im Vergleich zu heute immens.
So soll es etwa 24 Inuit-Sprachen gegeben haben, 350 Sprachen nordamerikanischer Indianer, 100 Sprachen in Mexiko und Mittelamerika und – halten Sie sich fest – rund 800 verschiedene Sprachen in Südamerika und auf den Antillen! Insgesamt macht das rund 1250 indianische Sprachen, die rein äußerlich nach den genannten Großräumen eingeteilt werden.
Auch hier gehen die Meinungen in der Sprachwissenschaft auseinander:
Es gibt Ansichten, nach denen es sich um ungefähr 150 Sprachfamilien gehandelt haben muss, innerhalb derer die Sprachen genetisch verwandt waren. Dies alles sind jedoch wage Vermutungen, da manche dieser Sprachen nicht nur unerforscht, sondern auch unbekannt sind. Außerdem werden viele der noch existierenden Sprachen nur noch von wenigen 1000 Sprechern gesprochen und sind vom Aussterben bedroht.
Quelle: Sprachenlernen24