Singhalesische Schrift

Die singhalesische Schrift stammt von der altindischen Brahmi-Schrift ab

Die singhalesische Schrift stammt, wie auch eine Vielzahl von Schriften moderner indischer Sprachen, von der altindischen Brahmi-Schrift ab, deren älteste Schriftzeugnisse auf das 3. Jahrhundert vor Christus datieren sind.

Die singhalesische Schrift gehört zu den südindischen Schriften und ist eine sogenannte Abugida. „Abugida“ nennt man einen bestimmten Typus einer Silbenschrift, der als Zwischenstufe zwischen Silbenschrift und Alphabeth verstanden wird. Eine Silbenschrift ist beispielsweise die Devanagari Schrift, eine Alphabethschrift das Arabische.

Die Formen der Schrift wurden durch die südindische Grantha-Schrift beeinflusst. Mit europäischen Augen betrachtet könnte man das Schriftbild ästhetisch als verschnörkelt bzw. verspielt bezeichnen, manchen erinnern die einzelnen Schriftzeichen sogar an Äpfel.

Hintergrund des verschnörkelten Aussehens der Schrift ist die spezielle Konsistenz der Ola, junge Blätter der Talipotpalme, die das „Papier“ der alten Sri Lanker waren. Die Zeichen wurden mit Metallgriffeln in die Blätter eingeritzt. Da bei geraden oder eckigen Buchstaben die Gefahr größer war, dass die Blätter entlang der Blattadern zerbrechen und runde Zeichen auch einfacher zu ritzen waren, wurden die ursprünglich eckigen Lettern der Brahmi-Schrift zu den auch heute noch verwendeten runden Formen weiterentwickelt. Hin und wieder kann man auch noch heutzutage Singhalesen bei dieser traditionellen Art zu schreiben beobachten.

Konsonanten tragen grundsätzlich bereits einen Vokal in sich

Außer Singhalesisch wird keine andere Sprache mit der singhalesischen Schrift geschrieben und sie ist selbst für Sprecher anderer indischer Sprachen nicht ohne weiteres lesbar. Das Alphabet besteht aus insgesamt 58 Buchstaben, wobei 42 Zeichen die Konsonanten und 16 die Vokale darstellen.

Charakteristisch an der Schrift ist, dass Konsonanten grundsätzlich bereits einen Vokal in sich tragen: Jeder Konsonant zieht in seiner Grundform den Vokal „a“ nach sich, wobei dieser Vokal selbst nicht geschrieben wird. Soll der Konsonant einen anderen (oder keinen) Vokal tragen, so erhält der Konsonant ein Vokalzeichen, das zum Konsonanten hinzugefügt wird. Die Vokale sind also (außer an Wortanfängen) keine eigenständigen Buchstaben, sondern sind an die Konsonanten „angeklebt“ und somit Teile von ihnen.

Für die klassische Sprache Elu (Altsinghalesisch) wird nur ein Teil des singhalesischen Alphabets (Elu hodiya) verwendet. Trotzdem gehören die Buchstaben weiterhin zum Alphabet und werden in der Schule gelehrt.

Das vollständige Alphabet (Misra hodiya = gemischtes Alphabet) beinhaltet auch Zeichen, die zur Schreibung von Lehnwörtern aus dem Sanskrit oder Pali notwendig sind. Das sind hauptsächlich Konsonanten, die dann aber meist nicht anders gelesen werden, als die unaspirierten Konsonanten der singhalesischen Sprache. Für das lateinische „f“ zum Beispiel wurde eigens ein neues Zeichen geschaffen.

Da sich die Schriftsprache von der Umgangssprache extrem unterscheidet, spricht man sprachwissenschaftlich von einer Diglossiesituation. Es wird also anders gesprochen, als geschrieben wird. Der Unterschied zeigt sich nicht nur im Wortschatz, sondern ist auch in Morphologie (Formenlehre) und Syntax (Satzbau) präsent.

Quelle: Sprachenlernen24

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