Die Phasen des Erstspracherwerbs – Teil 2
Hier können Sie alles über die Fortschritte lesen, die das Kleinkind zwischen dem 18. Monat und dem 4. Lebensjahr macht. Nachdem die Kinder nun Worte oder Sätze gehört und bestimmten Personen oder Emotionen zuzuordnen gelernt haben, befassen sie sich in der nächsten Phase mit den einzelnen Lauten.
Die phonetischen Laute
Das Erlernen phonetischer Laute stellt sich als komplexer heraus, als oft irrtümlicherweise angenommen. Die Laute erreichen unser Ohr nämlich nicht als Einzellaute, sondern immer als Kombination mit ihren Nachbarlauten. So verändern die Laute oft ihre Aussprache im Gegensatz zu ihrer Schreibweise.
Ein Beispiel hierfür ist die deutsche Auslautverhärtung, bei der die Endlaute der Worte phonetisch hart ausgesprochen werden, obwohl sie morphologisch eigentlich weich sind. Nehmen wir das Wort „Sand“: ausgesprochen wird das Wort mit dem harten Buchstaben „t“, geschrieben wird es jedoch mit dem weichen „d“.
Das Kind hört also im Endeffekt das Wort „Sant“ und lernt so eine phonetisch korrekte Aussprache – aber lexikalisch die falschen Konsonanten dieser Aussprache zuzuordnen. Damit dies nicht der Fall ist, sollten die Eltern von Anfang an hyperkorrekt mit ihren Kindern sprechen und möglichst die Verwendung der sogenannten Babysprache vermeiden.
Die ersten Worte
Die Babys haben jetzt mit ca. 18 Monaten die Zweiwortphase erreicht und ihre Äußerungen werden komplexer. Sie sollten nun eine Wortschatz von ca. 50 Wörtern beherrschen und die erste Sätze bilden, meist Substantiv – Verb (Infinitiv) Kombinationen, z.B. „Atto ham“ (=Ich will das Spielzeugauto haben). Von da an erfolgt der Worterwerb deutlich schneller.
Die häufigsten zwei ersten Wörter deutscher Kinder sind Mama und Papa. Diesem Phänomen liegt eine einfache Erklärung zugrunde: Die Reihenfolge Konsonant – Vokal – Konsonant – Vokal ist für die Kinder leicht auszusprechen. Daher ist genau auch diese Reihenfolge in vielen Sprachen vertreten, z.B. im Englischen mommy, daddy.
Neben diesen morphologisch einfach aufgebauten Wörtern tendieren Kinder dazu, auch andere, komplexere Wörter zu vereinfachen um somit weniger Schwierigkeiten bei der Aussprache zu haben.
So lassen sie schwierige Buchstaben (so wie das „r“ in tragen – tagen) einfach weg, stellen Buchstaben um (Wespe – Wepse) oder ändern einzelne Buchstaben einfach komplett (Schinken – Tinken).
Diese falsche Aussprache ist natürlich temporär nicht korrekt, aber sie hilft den Kindern zu sprechen und ist für einen bestimmten Zeitraum vollkommen normal und oft auch nötig. Kinder sollen keine Scheu davor haben zu sprechen und sollten auch von ihren Eltern stets ermutigt werden, einfach drauf los zu plappern.
Mit drei Jahren beginnen die Kleinkinder Sätze mit drei und mehr Wörtern zu bilden, die meist aus der Kombination Substantiv – Verb (meist noch Infinitiv) – Adjektiv (aber auch erste Pronomen, Präpositionen etc.) bestehen, wie z.B. „Papa, Bu len jet“ (Papa, Buch lesen jetzt). Sie beginnen nun grammatische Strukturen zu verstehen und sie korrekt anzuwenden. Auch die ersten schwierigen Konsonantenverbindungen, wie bl, gr, kn, kr können ausgesprochen werden.
In dieser Phase ist es wichtig, dass Sie darauf achten, dass Kinder häufiger vollständige Sätze bilden.
Da Kinder zu Beginn ihres Spracherwerbs mit sehr vielen Worten konfrontiert werden, sortieren sie diese in Schubladen in ihrem Gedächtnis. Ein wichtiger Schritt hierbei ist die Prototypentheorie.
Die Prototypentheorie
Unter der Prototypentheorie wird verstanden, dass Kinder übergeneralisieren. Sie lernen einen Begriff wie Vogel und nennen dann alle Arten von Vögeln, z.B. Amseln, Stare oder Finken „Vogel“. Dies passiert nicht nur mit konventionellen Überbegriffen sondern auch mit einzelnen Begriffen. Sieht ein Kind beispielsweise einen Löwen, bevor es eine Katze oder einen Tiger sieht, heißen alle löwenartigen Tiere nun anfangs „Löwe“.
Quelle: Sprachenlernen24